Aus Sicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sollte die seit Beginn dieses Jahres geltende Pflicht einheitlicher USB-C Ladekabel für funkende Elektrogeräte wie Smartphones, Digitalkameras oder Tablets nur der Anfang sein. So fordert die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation eine Vereinheitlichung der Ladestecker auch für E-Bikes, bzw. Elektrofahrräder (Pedelecs) und andere Leichtelektrofahrzeuge, um deren Potential für eine nachhaltige Verkehrswende voll auszuschöpfen. Entsprechende Vorgaben könne die EU-Kommission zeitnah in der Batterieverordnung oder der sogenannten Ökodesignverordnung machen.
Auch wir fragten uns bereits vor fünf Jahren in diesem Artikel, wann endlich ein einheitliche Ladegerät für E-Bikes kommt. Mit dem Boom von E-Bikes in den letzten Jahren und zahllosen eigenen Standards war schon damals absehbar, dass die Vielfalt an Ladegeräten und Steckertypen für E-Bikes sowohl Nutzer als auch Hersteller vor erhebliche Herausforderungen stellen wird. Zur Einordnung: allein in Deutschland wurden im Jahr 2024 laut ZIV rund 2 Millionen neuer E-Bikes verkauft, der Bestand an E-Bikes in Deutschland liegt inzwischen bei geschätzten bei 15,7 Millionen.

Probleme durch proprietäre Steckertypen
Aktuell nutzt jeder Hersteller von E-Bike Antrieben meist eigen Steckersysteme, was zu einer Vielzahl inkompatibler Ladegeräte führt. Für E-Bike-Besitzer bedeutet dies, dass sie spezifische Ladegeräte für ihre jeweiligen Modelle benötigen und nicht ohne Weiteres auf universelle Lösungen zurückgreifen können.
- Inkompatibilität: Unterschiedliche Steckertypen verhindern die Nutzung eines einzigen Ladegeräts für verschiedene E-Bike-Modelle. Dies erschwert insbesondere das Laden an öffentlichen Ladestationen, da nicht garantiert werden kann, dass der passende Stecker verfügbar ist.
- Kosten und Aufwand: Nutzer müssen möglicherweise mehrere Ladegeräte erwerben, wenn sie verschiedene E-Bikes besitzen oder auf ein neues Modell umsteigen. Dies führt zu erhöhten Kosten und zusätzlichem Aufwand.
- Erschwerte Infrastruktur: Für Betreiber öffentlicher Ladestationen ist es kompliziert, alle möglichen Steckertypen vorzuhalten, was den Ausbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur hemmen kann.
- Mangelnde Umweltfreundlichkeit: Ein standardisierter Ladeanschluss ermöglicht eine bessere Reparierbarkeit und Kompatibilität mit neuen Ladegeräten. Zudem führt die Vielzahl an unterschiedlichen Ladegeräten dazu, dass Nutzer beim Wechsel des E-Bikes oft neue Ladegeräte kaufen müssen, während alte ungenutzt bleiben oder entsorgt werden. Ein einheitlicher Anschluss würde diesen Elektroschrott erheblich verringern.

Vorteile eines einheitlichen Steckers
Ein einheitlicher Ladestecker für E-Bikes würde den Nutzern nicht nur den Alltag deutlich erleichtern, sondern wäre auch aus ökologischer und ökonomischer Perspektive äußerst vorteilhaft:
- Komfort und Benutzerfreundlichkeit: Ein standardisierter Stecker würde es ermöglichen, jedes E-Bike an jeder Ladestation aufzuladen, unabhängig vom Hersteller. Dies erhöht den Komfort für die Nutzer erheblich.
- Kosteneffizienz: Hersteller könnten die Produktionskosten senken, da sie nicht mehr verschiedene Steckersysteme entwickeln und produzieren müssten. Auch für Verbraucher entfällt die Notwendigkeit, mehrere Ladegeräte zu besitzen.
- Förderung der Elektromobilität: Eine vereinheitlichte Ladeinfrastruktur könnte den Umstieg auf E-Bikes erleichtern und somit einen positiven Beitrag zur Verkehrswende leisten.
- Nachhaltigkeit: Ein einheitlicher Standard würde den Bedarf an neuen Ladegeräten deutlich reduzieren, da bereits vorhandene Ladegeräte auch nach einem Wechsel des E-Bikes weiterhin genutzt werden könnten. Das würde nicht nur Elektroschrott verringern, sondern auch Ressourcen wie Kunststoffe, Metalle und seltene Erden einsparen, die für die Produktion neuer Ladegeräte benötigt werden. Zudem könnte eine standardisierte Lösung die Effizienz der Ladegeräte verbessern, wodurch weniger Energie beim Laden verloren ginge und der ökologische Fußabdruck weiter minimiert würde.
Warum nicht einfach USB-C?
Der naheliegendste Gedanke für einen einheitlichen Ladeanschluss ist sicherlich USB-C – schließlich hat sich dieses System bereits in vielen Bereichen etabliert. Trotzdem ist seine Eignung als Ladeanschluss für E-Bikes begrenzt. Zwar ermöglicht der erweiterte USB-C Power Delivery (USB-C PD) Standard eine schnellere und leistungsstärkere Stromversorgung mit bis zu zu 240 W (48V bei 5A), was durchaus im Bereich aktueller Ladegeräte für E-Bikes liegt.

Allerdings zeigen neueste Antriebssysteme wie der DJI Avinox, wohin die Reise geht: hier kommt zum Beispiel ein 12 Ampere-Ladegerät zum Einsatz, das die potenziellen 5 Ampere von USB-C PD bereits jetzt deutlich übersteigt. Letztlich sind auch die Sicherheitsanforderungen bei der Ladung von Hochleistungsakkus höher, als es der USB-C-Standard derzeit bietet.
Alternative Charge2Bike
Bislang deutlich unbekannter, aber mit großem Potenzial ist hingegen der Ladestandard „Charge2Bike“, entwickelt von der CHAdeMO Association. Mit seinem kleinen und robusten Stecker ist er speziell für die Anforderungen von E-Bikes konzipiert und optimiert – und findet auch bei Branchengrößen wie Bosch Unterstützung. So zeigte man bei der Präsentation des aktuellen Antriebs auch den Prototyp eines Adapters, der die bisherigen Akkus mit Charge2Bike kompatibel machen soll. Kommende Generationen des Bosch Systems würden dann wahrscheinlich direkt den Charge2Bike-Stecker unterstützen.


Der Charge2Bike-Standard, dessen aktuelle Version 1.2 im Oktober 2024 veröffentlicht wurde, soll dann eine maximale Ladeleistung von 800 W (mit einer Erweiterung auf 2 kW) ermöglichen, bei einer Spannung von 24–60V und einen maximalen Strom von 20 Ampere. Deutlich mehr also, als es mit USB-C PD möglich wäre.
Fazit
Es besteht kein Zweifel: Die Vereinheitlichung der Ladestecker für E-Bikes ist längst überfällig, um das aktuelle Durcheinander zu beseitigen. Doch anders als bei Smartphones und anderen Kleingeräten scheint USB-C hier nicht die optimale Lösung zu sein. Vieles spricht dafür, dass sich Charge2Bike als zukünftiger Standard durchsetzen könnte. Ein solcher einheitlicher Ladeanschluss würde nicht nur die Benutzerfreundlichkeit erhöhen, sondern auch die Kosten senken und den Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Bikes erleichtern – ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigeren und effizienteren Elektromobilität im Fahrradsektor. Allerdings dürfte es noch einige Jahre dauern, bis dieser Standard marktreif ist und für Endkunden breit verfügbar wird. Eine gesetzliche Regelung auf EU-Ebene könnte den Prozess jedoch erheblich beschleunigen.