Aktuell hat VanMoof zur Einführung des smarten und elektrischen VanMoof S3 Pop-up Stores in verschiedenen Metropolen eröffnet. Die ideale Gelegenheit also, das neue Urban Bike etwas genauer unter die Lupe zu nehmen – zumal uns VanMoof noch kein Modell für einen ausgiebigen Test zur Verfügung stellen konnte. Daher hier nun einige Eindrücke, die sich in dem begrenzten Zeitraum der Probefahrt sammeln ließen.
Design
Das Design des Bikes hält in Natura, was die cleanen Renderings der VanMoof-Website versprechen: Das Rad wirkt wie aus einem Guss, was insbesondere durch die vielen integrierten Komponenten erreicht wird. Der Lenker bildet mit dem Vorbau und Steuersatz eine Einheit und sogar die Halterung der Bremshebel schließt bündig mit dem Lenker ab. Die zugehörigen Bremsleitungen sind so kurz wie möglich und fallen kaum auf.
Gleiches gilt auch für die Lichtanlage: diese ist fast schon ein traditionelles Designelement bei VanMoof und stets direkt im Rahmen integriert. Ebenso eine Eigenentwicklung ist der Sattel. Dieser ist, wie alle anderen Anbauteile, in mattem Schwarz gehalten und kommt ganz ohne Labels oder Logodrucke daher. In Summe ein wunderbar zurückhaltender Look, der gerade durch diese Reduktion positiv auffällt.
Ausstattung
Beim S3 von VanMoof handelt es sich um ein E-Bike, das mit einem 504 Wh starken Akku um Unterrohr ausgestattet ist. Dieser ist fest verbaut, weshalb man das Rad zum aufladen an eine Steckdose bringen muss (im Servicefall kann der Akku natürlich trotzdem ausgebaut werden). Dies allein ist nicht ungewöhnlich, der Antrieb des VanMoof hingegen schon: Im Vorderrad sitzt ein Nabenmotor, der nun satte 59 Nm Drehmoment bieten soll. Im Hinterrad ist eine Nabenschaltung mit 4 Gängen verbaut. Diese baut auf einem Modell von Sturmey-Archer auf, wurde aber ganz neu mit einer elektrischen und automatischen Steuerung ausgestattet. So lassen sich die Gänge nicht über einen Schaltgriff manuell steuern, vielmehr schaltet das Bike nach erreichen bestimmter Geschwindigkeiten automatisch. Ein klassisches Display sucht man am Lenker vergeblich, stattdessen ist im Oberrohr eine Matrix-Anzeige integriert, welche unter anderem über Geschwindigkeit oder den Fahrmodus Auskunft gibt.
Abseits der elektronischen Helfer bringt das S3 eine alltagstaugliche Commuter-Ausstattung mit: Neben Schutzblechen und der Lichtanlage gehören auch ein Fahrradständer zur Standardausstattung. Passende Gepäckträger lassen sich optional an Front und Heck montieren. Das S3 ist mit einer herkömmlichen Fahrradkette ausgestattet, die zum Schutz vor Witterungseinflüssen in einem gekapselten Kettenkasten verläuft. Und selbst an eine Klingel wurde gedacht – allerdings keine herkömmliche Klingel, vielmehr handelt es sich hier um einen elektronisch erzeugten Ton (uns es gibt verschiedene Klingeltöne zur Auswahl)!
Für die Verzögerung sorgen hydraulische Scheibenbremsen, wobei die Bremsscheiben insbesondere durch ihre flächige Optik ganz ohne Lochung auffallen. Der angesprochene Sattel lässt sich auch nach vorne und hinten verschieben, wodurch sich eine passende Sitzposition für möglichst viele FahrerInnen finden lassen soll – sicherlich auch aufgrund der Tatsache, dass das S3 in nur einer Rahmengröße erhältlich ist (die für FahrerInnen von 170 bis 210 cm Körpergröße passen soll).
Zu den Sicherheits-Features des Rads gehört eine mechanische Sperre, mit der sich das Hinterrad verriegeln lässt (es blockiert dann auch). Zudem ist daran eine integrierte Alarmanlage gekoppelt: registriert deren Sensor eine Bewegung, macht das Rad akustisch und mit Lichtsignalen auf sich aufmerksam. Mit der zugehörigen Smartphone-App lässt sich das Rad auch orten, wofür ein GSM-Sender im Fahrradrahmen die aktuelle Position sendet.
Bedienung
Wie die aufgeräumte Optik schon vermuten lässt, ist auch die Bedienung der Hardware des VanMoof S3 überschaubar: Bei gesperrtem Bike sorgt die Smartphone-App für eine automatische Entsperrung, sobald sich der Fahrer nähert. Ist kein Smartphone dabei, lässt sich das Rad auch manuell über einen der beiden Taster am Lenker durch Eingabe einer PIN-Nummer entsperren. Ist das Rad zur Nutzung freigegeben, lassen sich im Stand am rechten Lenkertaster vier Unterstützungsmodi durchschalten (keine/schwache/mittlere/starke Unterstützung). Während der Fahrt wird dieser Taster dann zum Boost-Knopf und liefert bei Betätigung die maximale Power – aber nur, wenn währenddessen die Pedale weiter bewegt werden. Der Taster auf der linken Seite fungiert als Klingelknopf und löst den elektronischen Klingelton aus. Weitere Einstellungen sind per App möglich – unter anderem können die Schaltzeitpunkte des Automatikgetriebes angepasst werden. Aufgrund des kurzen Testzeitraums konnte die App aber leider nicht ausprobiert werden.
Fahreindruck
Die Sitzposition des VanMoof S3 verrät schon einiges über den Charakter des Rads: Es sitzt sich sehr bequem! Die Rahmengröße passt bei 1,85 m Körpergröße sehr gut und man hat eine aufrechte, gemütliche Haltung. Passend dazu zeigte sich auch die Charakteristik des Motors: in stärkster Unterstützungsstufe zieht das S3 zwar gut an und lässt eine zügige Fahrt zu, vermittelt dabei aber nie das Gefühl von großer Sportlichkeit. Einzig bei Betätigung des Boost-Tasters stellt sich ein spontaner Extraschub ein, der zum Überholen oder beim Anfahren an Steigungen durchaus praktisch ist.
Gerade in letztgenanntem Fall zeigt sich dann aber auch der Nachteil eines Frontmotors: durch die Gewichtsverlagerung am Berg nach hinten ist ein kurzzeitiges Durchdrehen des Vorderrads auch auf trockenem Asphalt leicht möglich wenn man den Boost-Taster nutzt. Vom vergleichsweise hohen Drehmoment des Motors auf dem Datenblatt sollte man sich aber trotzdem nicht täuschen lassen – gefühlt merkt man keinen großen Unterschied zu anderen Nabenmotoren gleicher Bauart. Abgesehen davon erledigte der Frontmotor seinen Dienst unauffällig: bei normaler Fahrt und festem Untergrund war kein Wegrutschen des Vorderrads zu befürchten und auch Lautstärke des Motors war im normalen Bereich – zwar hörbar, aber keineswegs auffällig laut.
Auffälliger zeigte sich hingegen der Rest des Antriebs: zum einen war schon auf den ersten Metern ein leichtes Schleifgeräusch zu vernehmen, welches aus dem gekapselten Kettenkasten kam. Hier hängt die Kette wohl etwas durch und schleift damit bei jeder Bewegung etwas am Kasten. Zudem benötigt man für die automatische Nabenschaltung etwas Eingewöhnung: Grundsätzlich ist die Mechanik hinter der Schaltung im VanMoof S3 vergleichbar mit herkömmlichen Nabenschaltungen. Dabei gilt, dass man für einen sanften Schaltvorgang etwas Druck vom Pedal nehmen sollte – ansonsten hört man es beim Gangwechsel laut knacken aus der Nabe. Das Problem an der neuen Schaltautomatik ist aber, dass man als Fahrer den Schaltzeitpunkt gar nicht genau kennt. Zwar kann man sich theoretisch an der Geschwindigkeitsanzeige am Oberrohr orientieren – in der Praxis ist es aber keine Lösung, diese dauerhaft mit gesenktem Kopf im Blick zu haben. Daher gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten im Umgang mit dieser Eigenheit: entweder man findet sich damit ab, dass der ein oder andere Schaltvorgang eher unsanft verläuft. Oder man passt sich selbst etwas an und radelt eher gemütlich mit weniger Druck auf dem Pedal dahin. „Cruisen statt rasen” ist dann das Motto, womit wir wieder beim eigentlichen Charakter des Rads wären! Die Schaltzeitpunkte sind seitens VanMoof vorgegeben, können aber per App angepasst werden. So war am Testrad die Abstufung vom dritten in den vierten Gang gefühlt etwas zu kurz ausgelegt. Kann man dies aber per App anpassen, ist es kein wirkliches Problem. Positiv an der Automatik ist hingegen, dass die Schaltung zum Beispiel beim Stop an der Ampel automatisch in den ersten Gang runterschaltet.
Das angesprochene Matrix-Display auf dem Oberrohr ist in Sachen Helligkeit ziemlich schwach. Am getesteten S3 in der Farbe Dark war der Kontrast noch ausreichend stark und man konnte die Anzeige meist erkennen; am helleren S3 in Light ist der Kontrast hingegen geringer und die Anzeige noch schwerer lesbar. Allerdings soll dieser Makel bei den final ausgelieferten Bikes noch behoben und ein helleres Display verbaut werden.
Die beiden Taster am Lenker haben einen guten Druckpunkt und die Klingelfunktion auf der linken Seite ist ein spaßiges Gimmick. Der Taster auf der rechten Seite dient nicht nur der angesprochenen Boost-Funktion sondern auch der Einstellung der Fahrmodi. Hier wirkt es etwas unpraktisch, dass die Umstellung der Modi nur im Stillstand möglich ist. Anderseits wird man bei wiederkehrenden Strecken sowieso seinen favorisierten Modus dauerhaft eingestellt lassen und für anstrengendere Passagen ist die Boost-Funktion ohnehin stets auf Knopfdruck verfügbar.
Die 50 mm breiten Big Ben-Reifen von Schwalbe lassen sich auch mit wenig Luftdruck fahren und sorgen dann für ein komfortables Fahrgefühl, auch wenn der Untergrund mal aus Kopfsteinpflaster besteht. Die generelle Verarbeitung am Testrad war gut, alle Teile wirkten solide und für den alltäglichen Einsatz ausreichend stark konstruiert.
Fazit
Ein bequemes Stadtrad mit alltagstauglicher Ausstattung, möglichst hoher Wartungsfreiheit und vielen smarten Funktionen – so lässt sich das VanMoof S3 beschreiben. Das Design des Rads ist gelungen und die Verarbeitung wirkt hochwertig, Features wie die integrierte Alarmanlage machen das Rad einzigartig und die Bedienung des E-Bikes ist recht einfach. Doch gibt es auch ein paar gewöhnungsbedürftige Eigenheiten: Die Automatikschaltung schaltet unvermittelt, was bei kräftigem Pedaldruck zu laut knackenden Schaltvorgängen führen kann. Der Frontmotor kann das Vorderrad zwar mit Vorsatz und im Boost-Modus zum Durchdrehen bringen, bei normaler Fahrt muss man sich aber keine Sorgen um die Fahrsicherheit machen. Mit diesen Eigenschaften ist das Rad sicherlich kein sportlich zu fahrendes Bike, aber das will und muss es auch gar nicht sein. Denn als komfortabler und alltäglicher Begleiter in der Stadt dürfte das VanMoof S3 seinen Job durchaus zufriedenstellend erledigen. Und der vergleichsweise günstige Verkaufspreis von aktuell 1.998 Euro macht das Rad zusätzlich attraktiv.
Alle weiteren Informationen zum neuen S3 gibt es direkt auf der Website von VanMoof.