Bei Lastenrädern steht eine Anforderung ganz klar im Fokus: der praktische Nutzwert! Das Design muss sich dem oft unterordnen – mit der Folge, dass die meisten Lastenräder nicht gerade mit ihrem Aussehen punkten können. Dass es aber auch anders geht, zeigt Moustache mit dem Lundi 20 Cargo 3: ein kompaktes Longtail-Cargobike, das visuell mit seiner klaren Linienführung ein Statement setzt. Ob es aber auch in der Praxis überzeugen kann, soll unser Test zeigen.
Design
Ein Look, der auffällt: mit seinen kompakten Abmessungen wirkt das Moustache Lundi 20 Cargo auf den ersten Blick fast schon niedlich. Gleichzeitig lässt es mit seinen großvolumigen Rahmenrohren und der fetten Bereifung keinen Zweifel daran, auch mit einem Gesamtgewicht von 200 kg umgehen zu können!
Die parallel verlaufenden Ober- und Unterrohre geben dem Rahmen des Lundi 20 ein geradliniges Design – unterstützt wird dies von den rechteckigen Form der Rahmenrohre, die dem Bike einen einzigartigen Look verleihen. Besonders markant ist dies an der Front zu erkennen: dort werden alle Kabel und Leitungen direkt am Lenker in den Rahmen geleitet, wodurch der Bereich um das ungewöhnlich weit nach oben gezogene Steuerrohr in seiner puren Form noch mehr zur Geltung kommt!
Dass das Design des Bikes aber auch ein einfaches Handling im Alltag gewährleistet, zeigt die niedrige Bauweise des Rahmens – so kommt man beim Auf- und Absteigen mit dem Bein recht einfach über das Oberrohr. Ebenso praktisch ist die Zugänglichkeit der elektrischen Komponenten, insbesondere die des Akkus: dieser ist auf dem Rahmen platziert, was die Handhabung maximal einfach gestaltet. Der Bosch Cargo Line Mittelmotor ist zwar gut sichtbar unterhalb des Unterrohrs montiert, wird auf der Antriebsseite aber vom großen Kettenschutz fast komplett verdeckt. In seiner monochromen Ausführung wirkt das Display für den E-Antrieb verglichen mit modernen Farbdisplays inzwischen etwas antiquiert, ist dafür aber elegant in der Mitte des Lenkers integriert.
Der Lenker selbst ragt weit nach oben und ist dabei nach hinten geschwungen – wobei „geschwungen“ sicherlich das falsche Wort ist. Vielmehr stoßen hier geradlinige Rohre spitz aufeinander und ergeben einen kantigen Look, der perfekt zum gesamten Erscheinungsbild des Bikes passt!
Kein Lastenrad ohne Lastenträger: der hintere Teil des Rahmens wird vom langen Gepäckträger dominiert, wie es typisch für ein Longtail-Cargobike ist. Dessen Konstruktion ist im Vergleich zum Rahmen filigraner, dabei aber ausreichend stabil und mit der Befestigungsoption für mehrere Accessoires wie Sitze, Körbe oder Seitentaschen versehen. Ein weiteres cleveres Detail: Das Bike lässt sich auch auf dem Gepäckträger vertikal abstellen, was den Platzbedarf deutlich minimiert!
Ausstattung
Wie bereits angesprochen übernimmt die elektrische Unterstützung beim Moustache Lundi 20 der Cargo Line-Motor von Bosch. Mit seinen 85 Nm Drehmoment zählt er aktuell zu den stärksten Motoren, was sich insbesondere bei voller Beladung des Rads auszahlt. Ebenso vorteilhaft ist dabei, dass der Motor die Unterstützung schon bei niedrigen Trittfrequenzen bereitstellen kann. Der Akku stammt aus Boschs PowerPack-Serie und bietet eine Kapazität von 500 Wh, beim der hier getesteten DualBattery-Version lassen sich sogar zwei dieser PowerPacks parallel nutzen – in Summe stehen einem dann ganze 1000 Wh zur Verfügung. Dass Moustache hier das etwas ältere Bosch eBike System 2 verbaut, und nicht das aktuelle Smart System, zeigt sich insbesondere am 2,8-Zoll großen Intuvia Display: dies zeigt zwar Basisinformationen zur Fahrt gut lesbar an und ist dabei einfach in der Bedienung. Smarte Features, erweiterte Smartphone-Konnektivität oder Optionen wie die Ortung per GPS bietet dieses System hingegen nicht.
Für den mechanischen Antrieb ist am getesteten Lundi 20.3 eine Kettenschaltung aus Shimanos Deore-Serie verbaut, die 10 Gänge mit einer recht großen Bandbreite bietet (Kassette mit 11–46 Zähnen). Für die rasche Verzögerung auch bei vollem Gewicht zeichnet sich die Bremsanlage von Magura vom Typ MT4 verantwortlich, an der 180 mm Bremsscheiben hinten und 203 mm vorne montiert sind.
Entsprechend seinem universellen Anwendungsbereich zeigt sich das Lundi auch in seiner übrigen Ausstattung für den täglichen Einsatz gewappnet: so kommt das Bike mit stabilen Schutzblechen, einer integrierten Lichtanlage und fetten Reifen von Kenda im 20″-Format mit rund 60 mm Breite daher. Die Bereifung ist dabei auch für den Fahrkomfort zuständig, denn eine klassische Federung ist am Lundi nicht verbaut – zumindest nicht an der Front. Am Sattel hingegen bietet eine gefederte Sattelstütze 40 mm Federweg, zudem ist diese auch auf Knopfdruck vom Lenker aus um 60 mm absenkbar.
In der hier getesteten Equipped-Variante ist das Lundi 20 bereits mit zahlreichen Optionen zum Lastentransport ausgestattet: dazu zählt der Albert-Schutzbügel insbesondere zum Transport von Kindern sowie Seitenbefestigungen für QL3-Taschen. Die Ladefläche selbst bietet mehrere Befestigungsmöglichkeiten für das MIK-HD System: Ein Klicksystem zur schnellen Befestigung kompatibler Zubehörteile. Zudem sind unten am Gepäckträger Fußrasten angebracht und für zusätzliche Sicherheit sorgt der integrierte Radschutz, damit während der Fahrt nichts ins Hinterrad gelangen kann. Auffällig ist der eigens konstruierten Ständer, welcher am Hinterrad platziert ist und über eine sehr breite Standfläche verfügt.
Zum optionalen Zubehör zählt hingegen der Frontgepäckträger, den Moustache in zwei Ausführungen anbietet: hier am Testrad ist das kompakte Modell zu sehen, zudem gibt es auch eine breitere Variante – in beiden Fällen sind jeweils 15 kg Belastung möglich.
Bedienung
Vor dem Losfahren gilt es zunächst, den Ständer einzuklappen – wozu man einfach das Lundi etwas nach vorne schiebt. Im Gegensatz dazu klappt man zum parken den Ständer mit dem Fuß leicht nach unten und drückt dann das Bike nach hinten. Je nach Beladung erfordert dies zwar etwas mehr Kraftaufwand, bietet dann aber einen sehr sicheren Stand. So sicher, dass auch ungeduldige Kids unbeaufsichtigt auf das Bike klettern können ohne dass die Gefahr besteht, dass das ganze Gefährt dabei umkippt!
Der elektrische Antrieb wird über das Display und den zugehörigen Daumentaster bedient. Intuitiv lassen sich dort die Fahrmodi Eco, Tour, Sport und Turbo auswählen, zudem kann die Schiebehilfe aktiviert werden. Am Display selbst lassen sich die Lichtanlage und der elektrische Antrieb ein- und ausschalten. Über einen Micro USB-Ausgang am Display kann zudem Zubehör wie ein Smartphone aufgeladen werden, wenn auch nur mit 500 mA Leistung. Praktisch: das ganze Display ist abnehmbar und fungiert somit auch als Diebstahlschutz – denn ohne dieses lässt sich der E-Antrieb nicht aktivieren. Und dank eines kleinen Akkus im Display selbst kann man auch fernab des Bikes die verbleibende Kapazität des Haupt-Akkus im Fahrrad ablesen.
Stichwort Akku: die Möglichkeit des DualBattery-Betriebs mit zwei Akkus verdoppelt die Reichweite des Bikes, dabei werden beide Akkus parallel (und nicht nacheinander) genutzt. Sind die Akkus dann mal leer, gestaltet sich der Akkuentnahme dank der offenen Bauweise sehr einfach. Alternativ kann der bzw. können die Akkus aber auch direkt im Bike aufgeladen werden.
Dass die Deore-Serie zu den etwas hochwertigeren Modellen im Shimano-Sortiment gehört, zeigt sich in ihrer einfachen Bedienung mit präzisen Schaltwechseln und einer guten Haptik des rechts am Lenker verbauten Schalthebels. Auf der linken Seite ist hingegen ein weiterer Hebel angebracht, der für die Dropper-Sattelstütze zuständig ist. Mit einem Druck senkt diese sich nach unten, wenn man auf dem Sattel sitzt. Geht man hingegen aus dem Sattel, fährt sich die Stütze nach einem weiteren Tastendruck wieder nach oben aus. Dies ist zum Beispiel dann praktisch, wenn man mit dem Bike zum Halt kommt: dann lässt sich der Sattel absenken und man kann mit beiden Beinen bequem und sicher auf dem Boden stehen. Da gerade ein Lastenrad aber auch häufig von mehreren Personen – beispielsweise zwei Elternteilen – genutzt wird, lässt sich damit auch die Sattelhöhe per Knopfdruck an die unterschiedlichen Körpergrößen anpassen.
Dank des MIK-Systems gestaltet sich die Nutzung der Ladefläche flexibel wie auch einfach: das Klicksystem lässt sich mühelos bedienen, rastet gut hörbar ein und stellt dann eine sichere Verbindung mit dem Bike her. Dank verschiedener Fixierpunkte kann der hintere Gepäckträger ganz individuell nach den eigenen Bedürfnissen bestückt werden. In unserem Beispiel mit einem Kindersitz und einem Juniorsitz für zwei Kinder im Alter von zwei und sieben Jahren. Ebenso möglich wäre aber auch, eine Kiste mit einem der Sitze zu befestigen, zwei Kisten oder eine andere große Box zwischen den Haltebügeln einzuspannen – die Möglichkeiten sind hierbei fast grenzenlos. Zudem können seitlich am Gepäckträger verschiedenste Taschen mit einer QL3.1-Aufhängung befestigt werden. Moustache selbst bietet dafür ein umfangreiches Sortiment an kompatiblem Zubehör, aber auch Teile anderer Anbieter lassen sich befestigen.
Dass sich das Lundi 20 auch vertikal abstellen lässt, sieht erstmal skurril aus – bietet im Alltag aber durchaus seine Vorteile. Das Bike aufzustellen geht dabei erstaunlich mühelos von der Hand erfordert keinen großen Kraftaufwand. So positioniert steht das Rad dann stabil auf dem Gepäckträger, an welchem extra für diesen Zweck vier gummierte Standfüße angebracht sind.
Fahreindruck
Macht man es sich auf dem Moustache Lundi 20 bequem, fällt einem sofort die komfortable und aufrechte Sitzposition auf. Und obwohl das Bike nur in einer Einheitsgröße erhältlich ist, passte es im Test Fahrerin und Fahrer mit 1,75 und 1,85 cm sehr gut. Grund dafür ist zum einen der hohe und nach hinten gebogene Lenker, mit dem es keine Probleme durch eine eventuell zu gestreckte Sitzposition geben kann. Zudem hilft die einfach zu verstellende Dropper-Sattelstütze, direkt die passende Sitzhöhe zu finden. Doch sollte einem bewusst sein, dass am Cockpit selbst keine weitere Anpassung möglich ist – das muss man wegen des ungewöhnlichen Lenkers mit integrierter Kabelführung in Kauf nehmen. Moustache selbst empfiehlt die Nutzung des Bikes für Personen zwischen 157 und 190 cm Körpergröße, was für einen Großteil der Interessierten passen dürfte.
Wer mit Lastenrädern hauptsächlich ein unhandliches und träges Handling verbindet, kann beim Lundi 20 erfreulicherweise umdenken: das kompakte Bike lässt sich erstaunlich flink bewegen, was natürlich auch an den 20″ kleinen Reifen liegt. Auf Lenkbefehle reagiert das Rad wunderbar direkt und dank seiner überschaubaren Länge von exakt zwei Metern ist der Wendekreis gering – vorteilhaft nicht nur während der Fahrt in engen Gassen, sondern auch beim rangieren. Dass man hier kein reguläres Fahrrad bewegt, merkt man am ehesten am Gewicht von rund 33 kg.
Spätestens mit Beladung des Gepäckträgers greift man daher gerne auf die Unterstützung des Motors zurück – und dieser liefert ab! Mit seinen 85 Nm schiebt der Cargo Line Antrieb das Bike im Turbo-Modus beharrlich nach vorne, was in der Ebene manchmal sogar zu viel des Guten ist. Hier reichen oft auch die Modi Tour oder Sport aus, an Steigungen ist man hingegen froh über die volle Power des Antriebs. Dass der Motor dabei ziemlich deutliche Geräusche macht, verwundert kaum – wir kennen dies ja schon von Boschs verwandtem Performance Line CX-Antrieb. Und im Kontext eines Lastenrads erscheint einem die Lautstärke des Antriebs ohnehin eher als akzeptabel. Lobenswert ist hingegen die automatische Schalterkennung, die für sanftere Schaltvorgänge, geringere Schaltgeräusche und damit auch einen reduzierten Verschleiss sorgt. Ebenso ein Lob verdient die verlässliche Bremsanlage, welche stets gut dosierbar ist, bei Bedarf aber auch sehr kräftig zupacken kann.
Dass das Lundi 20 über keine Federgabel verfügt, lässt sich mit einem angepassten Luftdruck der breiten Reifen zumindest kompensieren. Diese lassen sich mit einem sehr geringen Druck fahren, wodurch viele Unebenheiten vom Reifen gedämpft werden – hier gilt es einen guten Kompromiss zu finden, der für das persönliche Nutzungsszenario (Beladung, Strecke etc.) passt. Die Dropper-Sattelstütze glänzt nicht nur durch ihre Möglichkeit zur Absenkung, vielmehr bietet sie mit ihrem Federweg von 40 mm auch noch zusätzlichen Komfort, den man nicht missen möchte.
Fazit
Extravagant in der Optik, überaus praktisch im Alltag: das Lundi 20 Cargo verbindet gekonnt Design mit Zweckmäßigkeit und bietet dabei sogar einiges an Fahrspaß. Eigenschaften, die man in dieser Kombination nur selten bei Lastenrädern antrifft! Überaus nützlich erweist sich der modulare Gepäckträger, der ganz individuell genutzt werden kann – ganz egal, ob für Kinder oder zum Transport von Gepäck. Zudem kann das Bike mit besonderen Details wie dem stabilen Parkständer oder der vertikalen Abstellmöglichkeit glänzen.
Beim elektrischen Antrieb setzt Moustache auf das bewährte Bosch-System, das zu jedem Zeitpunkt verlässliche Unterstützung bietet und in Kombination mit der Kettenschaltung auch für hügelige Strecken gewappnet ist. Alternativ ist das Bike auch mit einer stufenlosen Enviolo-Nabenschaltung und Riemenantrieb erhältlich, die Bandbreite der Schaltung fällt hier aber etwas geringer aus (460% Kettenschaltung, 380% Nabenschaltung). Die Option der DualBattery-Ausstattung dürfte besonders für all jene interessant sein, die unter Reichweitenangst leiden: satte 1000 Wh stehen dann zur Verfügung, was auch für sehr ausgedehnte Ausfahrten ausreicht!
So verwundert es abschließend kaum, dass es dem Lundi 20 mühelos gelang, zum Liebling der ganzen Familie zu werden! Und selbst für Fahrten ganz ohne Lasten ertappt man sich schnell dabei, sein gewohntes Fahrrad stehen zu lassen – und sich stattdessen auf das sympathische Lundi zu schwingen.
Der Preise für das getestete Equipped-Modell liegt bei 4.299 Euro, die getestete Variante mit zwei Akkus kostet 5.399 Euro. Weitere Infos zum Bike und dem umfangreichen Zubehörsortiment gibt es direkt auf der Website von Moustache.